Deutschlands schönster Halbmarathon! So steht es auf der Webseite der Genussläufer Dreyeckland. Es war unser erster Genusslauf und tatsächlich, es wurde nicht zu viel versprochen.
Gerade noch rechtzeitig hatte ich Janine, Oli und mich für die HM-Distanz angemeldet, damit wir diesen Wettkampf auch mal erleben konnten. Oli hatte etwas Sorge, denn er kämpft seit einiger Zeit mit Schmerzen im Bewegungsapparat. Sein Training entsprach überhaupt nicht dem, was er sonst vor einem HM durchgezogen hätte. Seine gelaufenen Kilometer in den letzten Wochen waren so gering, dass ich etwa fünfmal mehr an Kilometern zurücklegte. Dazu kommt noch, dass dieser Lauf mit etwa 370 Höhenmetern schön in die Beine geht.
Janine entschied sich diesen Lauf mit Oli gemeinsam zu genießen. Ich dagegen wollte es mal wieder etwas krachen lassen. Meine letzte und auch einzige HM-Wettkampfzeit lag schon mehr als zwei Jahre zurück, sodass es mal wieder Zeit für eine Aktualisierung wurde.
Als wir beim Eichwaldstadion Müllheim eintrafen, war schon richtig was los und wir hatten noch genügend Zeit um uns umzuschauen. Es war eine richtig gute Stimmung und es fühlte sich wie eine groß angelegte Gartenparty an. Überall gab es leckere Köstlichkeiten wie Grillwürste, Pommes, Kuchen, Früchte und natürlich auch viele Getränke mit und ohne Alkohol.
Ganz klar: Hier sind wir eindeutig auf einer Genussveranstaltung!
Wir holten unsere Startnummern, was auch absolut stressfrei funktionierte. Etwa eine Stunde war noch Zeit bis zum Start und es wurde immer wärmer. Die Wettervorhersage für diesen Tag sah eigentlich ganz anders aus, aber wir alle hatten wohl mit der guten Laune das schlechte Wetter vertrieben. Ich bin dann so langsam in meine Konzentrationsphase gedriftet und habe dabei irgendwie vergessen etwas mehr zu trinken, denn normalerweise kippe ich mir noch kurz vor dem Lauf mindestens einen halben Liter Wasser in mich hinein.
Bevor es dann auf die Strecke ging, wurden noch die kostümierten Läuferinnen und Läufer vorgestellt. Das war wirklich klasse und auch nett anzusehen, was sich einige haben einfallen lassen. Mein Favorit war der Avatar, der ganz in Blau mit spitzen Ohren die Blicke auf sich zog. Aber auch alle anderen haben echtes Einfallsreichtum bewiesen!
Danach sollten sich die Halbmarathonis in die Startaufstellung begeben. Da standen wir nun, wünschten uns gegenseitig viel Erfolg und mit einem nicht zu überhörenden Knall aus einer Kanone startete das Feld.
Für mich galt es nun, mir das Maximum aus meinen Körper zu pressen. Fast alle Läuferinnen und Läufer zogen mit einer sehr schnellen Pace los – es ist ein Phänomen eines jeden Starts. Ich machte mir keinen Kopf und ließ mich einfach von der Masse treiben.
Ich hatte keine ausgerechnete Taktik, sondern nur eins im Kopf: die ersten 11 Kilometer nicht über 160 Puls.
Vier Verpflegungsstellen befanden sich auf der Strecke. Alle waren perfekt ausgestattet, wobei ich mich nur wenige Sekunden dort aufhielt. Nur zwei Becher Wasser, einen für den Magen und einen für den Kopf zum Abkühlen. Schon bei der zweiten Station kochte mir der Schädel und mir war bewusst, dass ich eigentlich mehr trinken musste, aber ich war von einer persönlichen Bestzeit völlig besessen. Und so bin ich auch dauerhaft am Limit gerannt und beinahe bedrohlich spürte ich immer mehr den Wasserverlust.
Die beste Überholmöglichkeit bot sich mir als es bergab ging. Hier bin ich mit meiner Maximalgeschwindigkeit heruntergeschossen und konnte einige Läufer überholen. Zu meiner Verwunderung wurde ich ab der Streckenhälfte nicht einmal überholt, was eigentlich eher untypisch ist, denn bei vergangenen Läufen kam immer mal einer von Hinten und zog an mir vorbei.
Die letzten drei Kilometer waren dann mein Finale am Drehzahlbegrenzer. Von hinten hörte ich einen Läufer und ich wollte nach rechts ausweichen, damit er vorbeiziehen kann. Er sagte jedoch, dass er nicht vorbei will, er braucht nur jemanden, der ihn zieht. Ich antwortete, dass ich das jetzt auch gerne hätte. Nun, es dauerte auch nicht lange und ich lief langsam auf einen Läufer mit einem schwarzen Shirt auf. Den sah ich allerdings schon auf den letzten Kilometern etwas weiter vor mir.
Ich überlegte, ob ich es tatsächlich riskieren sollte und schaute auf meinen Puls: 170 Schläge pro Minute. Noch ein Kilometer bis zum Ziel. Egal, entweder ich schaffe es oder eben nicht. Vielleicht 200 Meter später war ich ganz dicht hinter ihm. Auf seinem Shirt stand: 100 km Biel. Fein, dachte ich, wahrscheinlich ein Ultraläufer. Er drehte sich um und fragte “Wer will da spielen?”. Ich antwortete: “Ich glaub’, ich spiele nicht mehr.”
Er wurde noch etwas schneller und ich blieb neben ihm. Auf dem letzten Teilstück donnerten wir mit einer Pace von 4 Min. Richtung Ziel, aber ein paar hundert Meter vor der Linie ließ er sich doch zurückfallen. Ihm ist das passiert, was mir kurze Zeit später auch passierte. Denn als ich dann auf die Tartanbahn einbog spürte ich, dass ich mein Limit erreicht hatte. Schlagartig wurden die Beine so schwer, dass es immer schwerer wurde, die letzten Meter hinter mich zu bringen. So ein Sprint am Ende eines so anstrengenden Laufes ist immer wieder ein Highlight und ich glaube, dass man nur so seine wahre Leistungsgrenze erfährt.
Ich stoppte meine Uhr und war sehr zufrieden, denn ich hatte meine alte Halbmarathonzeit und damit meinen Rekord gebrochen!
Vor dem Lauf hatten wir uns gewogen, denn bei diesem Lauf gibt es eine Kategorie “Läufer mit dem höchsten Kalorienverbrauch”. Oli und ich lagen mit einem Kilogramm Unterschied dicht beieinander, zumindest vor dem Lauf. Nach dem Lauf hatte ich allerdings fünf Kilogramm weniger auf der Waage, was sehr eindrucksvoll zeigte, dass ich viel zu wenig getrunken hatte bzw. sehr viel Wasser verlor. Und das spürte ich auch, denn der Kopf war heiß und ich fühlte mich schwach. Ich weiß nicht mehr, wie viele Becher Wasser und Iso ich mir nach dem Lauf nahm, aber es waren einige.
Danach bin ich wieder zurück zum Stadioneingang und wartete auf Janine und Oli, damit ich sie auf den letzten Metern noch anfeuern konnte. Als sie dann um die Ecke kamen, lief ich noch neben ihnen her. Ich merkte, wie schwer meine Beine waren und kam gar nicht so recht mit.
Eigentlich sahen beide ziemlich entspannt aus, es schien, dass sie den Lauf tatsächlich genossen hätten. Wie ich dann aber erfuhr, war es für Oli ein recht anspruchsvoller Lauf. Nicht nur, weil er zuletzt nur sehr wenig Training hatte, sondern aufgrund der 370 Höhenmeter. Janine fühlte sich gut und hatte offensichtlich ihren Spaß, was man auch anhand ihrer Videoschnipsel erkennen kann.
Natürlich mussten wir dann noch eine gegrillte Wurst und einige der Melonen, Bananen und Kiwis essen, die überall in großen Schüsseln herumlagen.
Um 16 Uhr begann die Siegerehrung und auch die nahmen wir noch mit, bevor wir uns um etwa 17 Uhr auf den Heimweg machten. Pünktlich zum Ende der Siegerehrung begann es zu Regnen und wir waren froh, dass das Wetter bis dahin gehalten hatte.
Ergebnisse:
Wir als Whiskey Running Team haben den 7. Platz in der Mannschaftswertung erreicht.
Janine und Oli liegen mit 2:15:53 bzw. 2:15:54 Std nur eine Sekunde auseinander. Ich selbst hatte mit 1:46:28 Std. zwar nicht unbedingt einen gemütlichen Lauf, aber es hat mir trotzdem sehr gefallen mich bis an meine Grenze zu belasten – folglich habe ich es auch genossen.
Beim Kalorienverbrauch schruppte ich mit 1736 kcal und gemessenen 91 Kilogramm ganz knapp am 3. Platz vorbei. Aber hey: anhand der Ergebnisliste kann ich erkennen, dass ich der schnellste schwerste Läufer war.
Oli liegt mit einem Verbrauch von 1697 kcal zwei Plätze dahinter. Janine erreichte 975 kcal und lag damit auf dem 4. Platz.
Eine landschaftlich sehr schöne Strecke die wirklich viel Abwechslung und sehr oft eine klasse Aussicht zu bieten hatte.
Es war ein richtig schöner Tag! Sehr wahrscheinlich sind wir nächstes Jahr wieder dabei.
Ein Tipp von mir: Auf der Webseite der Genussläufer sind unheimlich viele Bilder des 15. Genusslaufs zu betrachten. Es lohnt sich!
Sportliche Grüße
Alex