Fehmarn Marathon 2017

Der 7. Fehmarn Marathon – ein von meiner Haustür aus 900 Kilometer entfernter Wettkampf, an dem ich erfolgreich teilnehmen konnte. Mein 50. Wettkampf! 🙂

Da ich zu dieser Zeit beruflich in der Nähe war, suchte ich schon im Vorfeld nach Wettkämpfen im Umkreis von Lübeck und wurde schnell auf Fehmarn fündig. Da die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, dass ich rein zufällig genau zur Wettkampfzeit noch einmal hier in der Gegend sein würde, entschied ich mich sofort für den Marathon und meldete mich an.

Die Strecke verläuft auf der Insel oben links, sozusagen um die nordwestliche Ecke von Fehmarn. Für die Marathonstrecke muss die Runde zweimal „durchlebt“ werden, außerdem wird dort noch ein Halbmarathon und ein 10k Lauf angeboten.

Das Feeling sollte einzigartig werden, weil man knapp die Hälfte der Strecke direkt an der Küste entlang läuft. Zudem sind kaum Höhenmeter zu bewältigen, außer vielleicht mal einen Damm hoch oder die leichten Unebenheiten der Straßen.

Was die Wetterprognose in den letzten Tagen vor dem Lauf zeigte, war ebenfalls einzigartig, denn so viele verschiedene Temperaturen oder Wetterlagen sah ich in der Vergangenheit nicht so oft. Von Regen, Sturm, Sonnenschein und Wolken war alles dabei.

Ein richtiges Ziel setzte ich mir nicht, denn ein Marathontraining führte ich nicht durch. Vielmehr sollte es ein Lauf werden, der einfach nur meinen aktuellen Leistungsstand widerspiegelt. Natürlich hatte ich im Kopf vielleicht meinen Rekord vom Freiburger Marathon zu brechen. Mich unter Druck zu setzen ist jedoch nicht meine Art, da ich dafür viel zu realistisch bin. Das heißt, ich weiß meistens ziemlich genau was ich schaffen kann und was nicht. Außer bei einem Marathon, denn da gibt es einige Punkte die habe ich bei einem Lauf unter 30 Kilometer nicht. Einer davon ist mein Kalorienverbrauch.

Daher sollte dieser Wettkampf ein Lauf auf Risiko werden. Entsprechend meiner Möglichkeiten voll am Limit. Für mich äußerst schwierig, da ich mein Limit für einen Marathon gar nicht genau kenne.

Nicht die Distanz ist das Problem, sondern die Geschwindigkeit bzw. die Einteilung. In Freiburg hatte ich diese Überlegung zumindest bis zum Ende der ersten Halbzeit nicht, da ich als Pacemaker fungierte. Da war ich sicher, dass ich in einem relativ ruhigen Puls laufen konnte und damit einhergehend der Kohlenhydrateverbrauch gering ausfallen musste, sodass ich für die zweite Runde noch ausreichend Energie zur Verfügung hatte.

Die Überlegungen, wie ich diesen Marathon laufen könnte, zogen sich allerdings bis zur Startlinie. Ich war mir unsicher welche Pace ich wählen kann um nicht zu schnell zu starten. Andererseits war es mir aber fast egal, denn sollte der „Mann mit dem Hammer“ kommen, dann kommt er eben.

In meinen Gedanken war eine Geschwindigkeit dauerhaft präsent: Pace 5!
Eine Geschwindigkeit von 12 km/h mit einer Zielzeit von 3:30 Std.

Bei meinen 30k Trainingsläufen, die ich wahrhaftig für diesen Lauf viel zu selten durchführte, war ich meistens mit einer 5:30er Pace unterwegs und konnte mit einem ziemlich ruhigen Puls bzw. in der maximalen Fettverbrennung laufen. Bei mir ist das jedoch so, dass die höheren Bereiche so dicht beieinander liegen, dass Pace 5 vom Puls her schon ganz anders aussieht.

Ein weiterer Punkt ist das Wetter. Die Temperatur sollte 16-18°C hoch sein. Das wäre ok, aber gleichzeitig sollte einem der Wind mit 40-50 km/h um die Ohren säuseln. Das bereitete mir etwas Kopfzerbrechen. 🙂

Wenn der Start erstmal hinter einem ist, dann läuft es sich ja meist wie von selbst. Die körperliche Verfassung bestimmt die Pace, so ist das ja immer, solange nichts anderes dazwischen kommt. Mit Gewalt geht’s nicht. Sollte ein Lauf mit Pace 5 und einem ruhigen Puls möglich sein, so würde ich versuchen, die Pace zu halten.  Wie hoch genau der Puls sein darf für die „leichten“ 30 Kilometer, wusste ich nicht, dachte mir aber, dass ich es schaffen könnte. Keinesfalls sollte ich aber die 148er Marke überschreiten. Wenn das gut klappt, sollte ich bei Kilometer 37 sogar noch den Nachbrenner starten können. Soweit mal zur Theorie.

Am Wettkampftag fuhr ich also von Lübeck etwa eine Autostunde nach Wallnau. Das Wetter war mit 16°C um 7 Uhr genau richtig, die Vorhersage zeigte jedoch für meinen Start um 10 Uhr schon knapp 19°C.

Um 8 Uhr in Wallnau angekommen, war ich einer der ersten Teilnehmer. Ich fand das prima, denn so hatte ich genug Zeit mir noch etwas die Umgebung anzuschauen.

Die Startnummer 38 war schnell abgeholt und gleich kam ich mit einem Läufer ins Gespräch. Wie sonst auch verflog die Zeit sehr schnell, sodass ich mich ziemlich bald an der Startlinie der Marathonläuferinnen und -läufer wiederfand.

Ich stand fast ganz vorne von den 64 gemeldeten Marathonies, war total entspannt und überhaupt nicht aufgeregt. Mein Plan stand fest: einfach mit Pace 5 loslaufen und dann mal sehen, wie weit ich damit komme.

Wie so oft zogen nach dem Start einige an mir vorbei, was ich aber völlig ignorierte, denn ich wollte schließlich mein Rennen laufen und so ein Marathon beginnt erst nach dem 30. Kilometer. Auch wenn es erst mein 3. Marathon war, so war es doch mein insgesamt 50. Wettkampf und man lässt sich nur selten zu irgendwelchen Geschwindigkeitsspielchen verleiten. Beim Marathon schon gar nicht – dafür bin ich viel zu diszipliniert. 🙂

Zuerst verlief die Strecke durch den Campingplatz Wallnau, danach folgte ich der Streckenführung am Deich entlang. Das fand ich zuerst etwas schade, weil man das Meer nicht sehen konnte, andererseits war es auf der meerabgewandten Seite nicht so windig. Die Geschwindigkeit pendelte ich wie geplant auf knapp unter Pace 5 ein.

Meist ist es etwas schwierig die passende Geschwindigkeit zu finden, also erstmal die Speed hoch und dann schauen, wie sich das mit dem Puls verträgt.
Man könnte auch sagen: Nach einem kurzen Aufheulen der Maschine in den 6. Gang schalten und den Energiesparmodus aktivieren.

Ich achtete darauf, dass der Puls tunlichst unter der anaeroben Schwelle blieb und hoffte, dass das für die gewünschte Pace reichen würde. Es passte absolut zusammen und so verblieb ich einfach mal im Modus des Schwellentrainings.

Nach 4,7 Kilometern erreichte ich die erste Verpflegungsstation, wechselte auf den Damm und da wusste ich, wie angenehm es zuvor neben dem Damm war. Der Wind kam leicht von schräg hinten – also mehr Seitenwind. Wenn ich ein Segel gehabt hätte…

Ab dem 7. Kilometer bis zum 10. Kilometer hatten wir schönen Rückenwind. Diesen konnte ich auch voll ausnutzen und lief dort etwa 10-15 Sekunden pro Kilometer schneller bei gleichem Puls. Mir war bewusst, dass wir irgendwann mindestens einen ähnlichen Abschnitt erreichen würden, bei dem es dann den Gegenwind geben würde. Etwa beim 10. Kilometer kam der nächste Verpflegungsstand und ein Wendepunkt, bei dem eine nette Dame die Startnummer markierte. Sie war total nett und an dieser Stelle einmal liebe Grüße an sie und dem gesamten Verpflegungsteam dieses Standortes.

Als ich beim Wendepunkt umdrehte wußte ich was Gegenwind auf Fehmarn bedeutete. Mit 12 km/h gegen 24 km/h Wind anzukämpfen war auf jeden Fall ein Highlight. Zum Glück waren es nicht die vorausgesagten 50 km/h.
Die Strecke führte eine Straße entlang, die an der Seite manchmal mit Büschen geschützt war. Da man dort einfach auf offenen nicht abgesperrten Straßen lief, versuchte ich möglichst die kürzeste Strecke zu laufen. 🙂
Einige hundert Meter vor mir sah ich irgendwann drei Läufer, was hinter mir los war, wusste ich nicht, denn ich drehte mich nicht um. Ich wußte auch nicht, wie viele insgesamt vor mir sind, vermutete aber, dass es sicherlich 20 gewesen sein müssten.

Durch die Ortschaften war es recht gemütlich, Zuschauer gab es nur vereinzelnd. Das fand ich aber überhaupt nicht schlimm. An jedem Verpflegungsstand gab es Wasser und Cola, mir reichte allerdings noch das Wasser, da ich zudem meine Gel-Packungen dabei hatte.

Irgendwann beim 18. Kilometer lief ich auf der Straße, auf der ich morgens auch schon mit dem Auto gefahren war und wusste damit, wie es weiter geht. Ziemlich schnell war ich beim Campingplatz und zu meiner Verwunderung muss ich hier mal zugeben, dass ich mich von den Zuschauermassen beim Start-/Zielbereich voll mitreißen ließ. Das war so beeindruckend, dass ich mich dagegen gar nicht wehren konnte. Mich zog das so mit, dass ich kurzzeitig auf Pace 4 beschleunigte, der Puls nach oben knallte und ich in die zweite Runde einbog.
Ich musste schnell wieder zur Besinnung kommen, denn bis dahin hatte ich erst den „einfachen“ Teil geschafft. Daher drosselte ich schnell die Geschwindigkeit und senkte damit auch den Puls.

Übrigens: irgendwas stimmte seit dem 13. Kilometer mit meinen Oberschenkeln nicht. Ich konnte es gar nicht fassen, als ich so ein Ziehen spürte. Ich vermutete, dass ich vielleicht doch zu schnell losgelaufen war, setzte aber weiterhin alles auf die „Pace 5-Karte“. Es dauerte aber keine weiteren 10 Kilometer, da merkte ich davon nix mehr. 🙂

Mittlerweile war es 12 Uhr, also zwei Stunden nach dem Start und die Temperatur stieg, auch wenn der Wind immer noch angenehm kühl war – naja, zumindest kam es mir so vor. Dieser stetige Temperaturanstieg sorgte trotzdem dafür, dass ich meinen Puls nicht mehr so tief halten konnte, sondern ab dem 23. Kilometer langsam in den anaeroben Bereich rutschte.

Etwas später, so nach dem 30. Kilometer pumpte das Herz bereits im unteren roten Bereich, ich war aber auch da immer noch in der Lage kurze Statusmeldungen über WhatsApp zu verfassen oder Bilder zu schießen. 

Nun folgte die zweite Begegnung mit dem Wendepunkt und nachdem ich mir die Kennzeichnung für die 2. Runde auf meiner Startnummer abholte, blieb ich diesmal bei dem Verpflegungsstand stehen!
Ja richtig, ich stand gefühlte 15 Sekunden. Dem älteren Mann hat es richtig gefallen und ich ließ mir von ihm drei Becher Wasser und ein Becher Cola geben. Erst habe ich das Wasser getrunken, dann die Cola, dann wieder Wasser. Den dritten Becher Wasser kippte ich mir über den Kopf, damit ich mal etwas besser gekühlt wurde. Der Mann lachte, freute sich und sagte: „Ja genau so ist es richtig, pfeiff’ auf die Minute, darauf kommt es nicht an! Das gefällt mir!“. Ich bedankte mich und setzte Pace 5 fort.

Bereits zwischen dem 20. und 30. Kilometer sammelte ich auf dem Damm schon ein paar Läufer ein und überholte sie. Sie versuchten teilweise dranzubleiben, aber keiner konnte mehr lange mitgehen. Meine Beine spürten keine Müdigkeit, aber ich machte mir ab dem 32. Kilometer dennoch den ein oder anderen Gedanken. Kommt ein Einbruch oder kommt keiner? Das stand total in den Sternen und ich versuchte einfach den Focus weiter auf die Pace zu setzen. Mir war klar, dass jetzt die härtesten 10 Kilometer kommen würden und genau diese Kilometer alles von einem verlangen. 

Und genau zu dem Zeitpunkt sprang auch der Puls nochmal 5 Schläge nach oben.„NEIIIIIN… doch nicht jetzt… warum denn das?“

Anhand der Auswertung nach dem Rennen konnte ich sehen, dass der Puls diesen Sprung ohne ersichtlichen Grund machte. Das mussten die Kohlenhydrate sein, dachte ich mir.

Nun die Entscheidung: einfach mit Pace 5 weiterlaufen oder drosseln? Quatsch! Ich laufe ja keine 32 Kilometer mit dieser Speed um dann gemütlich ins Ziel zu laufen. Also weiter Pace halten…

Das tat ich, kippte mir an den Stationen immer wieder Cola und Wasser rein, sowie einen Becher für den Kopf. Herrlich war das. So konnte ich dann auch noch ein paar weitere Läufer überholen, die zwar auch wieder versuchten meine Pace mitzugehen, sie aber schnell abreißen lassen mussten. Leider sah ich auch mindestens einen Läufer, der aufgeben musste.

Ich setzte alles auf eine Karte und als ich den 40. Kilometer erreichte, beachtete ich den Puls nicht mehr. 

Am Anfang der Zielgeraden sagte man mir, dass ich in den Top 10 wäre und feuerte mich ordentlich an. Von dort aus waren es noch knapp 500 Meter. Ich beschleunigte noch einmal auf Pace 4:30 min/km und flog wie mit Flügeln ins Ziel. War das herrlich! Links sah ich die Uhr mit meiner Marathonzeit und hatte mein Ziel weit übertroffen!

Mein Plan war aufgegangen! Ich wurde übrigens sofort nach dem Ziel aufgefordert, meinen Chip vom Schuh abzugeben. Ich denke ihr wisst wie sich das anfühlt, wenn man nach einem Marathon in die Knie geht. 🙂
Aber man gab mir auch gleichzeitig noch meine Medaille, damit war wieder alles gut.

Ich war bzw. bin sehr zufrieden mit diesem Lauf! Was ich mir vorgenommen hatte, konnte ich sogar noch übertreffen. Aus Pace 5 wurde am Ende Pace 4:55 min/km im Durchschnitt, wobei ich die zweite Runde auch wieder schneller laufen konnte.

Kurze Zeit später bin ich dann zum Duschen gegangen und kam dort auch mit einigen Läufern ins Gespräch. Sie sagten mir, dass sie mir folgen wollten, aber ich hatte offensichtlich zu viel Energie und sie konnten nicht mehr mitgehen als ich sie überholte. Ich sei wohl sehr gut drauf gewesen.

Ein anderer sagte mir, dass er sich fast übergeben hätte, als er den Aufdruck „Whiskey Running Team“ auf meinem T-Shirt sah. Nicht, weil es ihm nicht gefallen würde, sondern weil er an seine letzte etwas bittere Erfahrung mit Whiskey denken musste und ihm dabei schlagartig dieser Zustand durch den Kopf ging. Wie ungünstig. 🙂

Ich konnte von allen 59 Finishern Platz 8 erreichen. In meiner Altersklasse erreichte ich den 2. Platz und war sogar schnellster Läufer aus Baden Württemberg. Ok, es gab nur zwei Starter aus diesem Bundesland, aber für mich persönlich war dies neben der Marathonzeit mein bisher bestes Ergebnis, trotz der zuletzt erreichten Temperatur von 24°C.

Was die Verpflegung während und nach dem Lauf anging, so wurden wir wirklich gut versorgt. Getränke gab es in der Reiterhalle in reichlichen Mengen, sogar Weizen alkoholfrei gab es kostenfrei für alle Teilnehmer. Total klasse! Hier ein großes Lob an alle Helferinnen und Helfer dieses Events. Es hat sehr viel Spaß gemacht auf dieser schönen Strecke zu laufen! Danke an den Veranstalter!

Auch wenn viele immer sagen, dass ein Marathon mit zwei Runden eher ungünstig ist: Für mich war das perfekt, denn so konnte ich in der ersten Runde abchecken was mich in der zweiten Runde erwartet. Da konnte ich meine Einteilung viel präziser vornehmen. Der Marathon hatte lt. meiner Polar V800 ganze 20 Höhenmeter. Auch ist es bisher nicht vorgekommen, dass ich einen Wettkampf bis unter dem Meeresspiegel gelaufen bin. Tiefster Punkt: -9 Meter. Ob das stimmt, weiß ich nicht, fand ich aber ganz witzig was mir meine Uhr so berichtete. 🙂

Am Tag danach fuhr ich gegen Mittag an den Strand von Scharbeutz und lümmelte mich in den Sand. Das war bisher die beste Regeneration die ich je hatte! Am Abend verzehrte ich eine doppelte Portion Backfisch mit vielen Beilagen direkt am Strandrestaurant.

Ein durch und durch gelungenes Marathonwochenende!

Sportliche Grüße
Alex

3 Gedanken zu „Fehmarn Marathon 2017

  1. Hey du Held…
    ich hab immer an dich geglaubt und mir war klar, dass du das Ding rockst 😉
    Super wie du diesen Marathon gefinished hast… Respekt und Anerkennung!!!

    …und Glückwunsch, den 50.Wettkampf…Respekt 😉

    Ich wünsche dir weiterhin viel Spaß und gute Erfolge bei deinen weiteren Läufen
    Alex

  2. Pingback: Jahresbericht 2017 | Whiskey Running Team

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